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Aus dem Tagebuch des Osterhasen

Montag
Dienstbesprechung beim Oberhasen, Verlosung der diesjährigen Einsatzorte. Pech gehabt, Niete gezogen. Bedeutet Grundstück mit Hund. Meine Zielperson ein Herr Schäfer, Hund heißt “Alter Engländer”. Bescheuerter Name. Rest des Tages mit Jammern zugebracht. Das ganze Leben ist bescheuert! Suizidgefährdet...

Dienstag
Mich etwas eingekriegt. Mir eingeredet, es hätte noch schlimmer kommen können, z.B. Grundstück mit Tiger. Mich mit frischer Petersilie gedopt. Vor Spiegel Posen des Kampfhasen geprobt. Autogenes Training gemacht, hat nix geholfen. Mir einige importierte Frischmöhren geleistet. Gefühlt wie zur Henkersmahlzeit. Überlegt, wer zur Trauerfeier kommen wird.

Mittwoch
Anruf von Frau Henne: Eier werden morgen geliefert. Mich wieder an mein Elend erinnert. Mir vorgenommen, es Altem Engländer nicht leichtzumachen. In Videothek gewesen, Karatefilme geholt. Rest des Tages Filme angeschaut, alle Übungen mitgemacht. Abends kein Appetit, nur paar Vitaminpillen geschluckt. Muskelkater.

Donnerstag
Schlecht geschlafen, martialische Träume gehabt. Freud’sche “Traumdeutung” gelesen, mich noch schlechter gefühlt. Hätte nie gedacht, wie viele Probleme ich habe. Alter Engländer ist nur eins davon. Eierlieferung erhalten. Mit Fahrer lange über Berufskrankheiten und Lebensversicherungen diskutiert. Kein Verständnis gefunden. Er Opti-, ich Pessi-, alles Mist. Kein einziges Ei bemalt, konnte Pinsel vor Zittern nicht halten. Flasche Whisky gekauft. Super geschlafen.

Freitag
Brummschädel, Barthaare tun weh. Mich an Opas Motto erinnert “Pack die Gelegenheit bei den Löffeln!” Aber wo packt man Alten Engländer? Vormittags zum Zielort geschlichen, Terrain sondiert. Entschlossenes Gesicht, aber schlotternde Knie. Niemand zu Hause. Netter Garten, leckere Tulpen. Todesmutig eine angeknabbert. Komische Krater im Garten, aber nichts drin. In gigantischen Haufen getreten. Danach überzeugt, Saurier sind doch noch nicht ausgestorben. Abends Eier bemalt, ziemlich gepfuscht dabei. Egal, Regreßforderungen erreichen mich eh nicht mehr.

Samstag
Ganzen Vormittag rumtelefoniert, mich von allen verabschiedet. Bei meinem Bruder gewesen, ihm mein Salatbesteck geschenkt. Testament gemacht. Blumen gegossen. Noch einmal zum Zielort geschlichen. Leute zu Hause, aber Alten Engländer nicht gehört oder gesehen. Nur seltsames Tier auf Wiese. Lieber erstmal Rückzug. In “Brehm's Tierleben” nachgeschlagen. Tier gefunden, heißt Schaf. Ist harmlos, Vegetarier. Schlechte Zeichnung im Buch, Tier in Wirklichkeit viel schöner. Ein Schaf bei Schäfers!! Typischer Menschenhumor. Rest des Tages Familienfotos angeschaut. Pausenlos gegessen, nur ungesunde Dickmacher. Rest Whisky ausgetrunken. Resümee gezogen: Eigentlich ein schönes Leben gehabt. Wenigstens nicht in Pfanne geendet.

Sonntag
Sehr zeitig aufgestanden zur letzten guten Tat. Nicht gekämmt und rasiert. Altem Engländer sollen die Fusseln zwischen den Zähnen hängenbleiben! Eier gepackt, losgegangen. Noch alles ruhig, wieder nur Schaf im Garten. Ein paar Eier versteckt. Schaf gekommen, an Eiern geschnuppert. Schöne markante Nase, wackelt bloß nicht. Ich geschimpft, Schaf sich geschämt. Weiter mit mir mitgelaufen, mir tolle Verstecke gezeigt. Ich in Krater gefallen, Schaf mich wieder saubergeleckt. Immer noch keinen Hund gesehen. Schaf wirklich sehr nett, mir auch bei den restlichen Eiern geholfen. Job erledigt!!! Mich beim Schaf bedankt. Hat sich gefreut und mit dem Hinterteil gewackelt. Urkomisch! Gemeinsam ins Gras gepullert. Ich nix wie weg. Drei Kreuze gemacht. Abends mit meinem Bruder gefeiert. Mein Salatbesteck wiederbekommen.

Montag
Sehr früh aufgestanden. Angefangen, größeres Haus zu bauen. Will mir so ein Schaf kaufen!

Mit freundlicher Genehmigung © Sabine Groll - MacZottle