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Mein Charlie
Ch. Vigilat’s Checkpoint Charlie geb. am 7.5.1987 - gest. 6.4.1997
HD A, eyes clear
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Ich konnte es kaum glauben ... es war der 27. Mai 1987 und ich war unterwegs von Berlin nach Holland, nach Enschede - zu Eef ter Mors, zu meinem zweiten
Bobtail, einem Vigilat !
Und so saßen wir dann beide - überglücklich und ich wollte ihn nie wieder loslassen. Wenn ich heute so manchen Welpen-Interessenten entsetzt am Telefon sagen höre - wie ?
So weit sind Sie weg? Ich kann es nicht verstehen - ich würde heute noch keinen Weg scheuen für mein neues Familienmitglied, den Kumpel für den nächsten Lebensabschnitt.
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Ich habe fast jedes Wochenende bis zur Übergabe bei Rita und Eef verbracht, bin jedesmal mit verheultem Gesicht wieder nach Hause gefahren. Aber es gab auch
ein einschneidendes Erlebnis, was ich damals als unwichtig ansah. Mit 5 Wochen hat mich das kleine Untier ziemlich unsanft angeknurrt und gebissen, als ich ihn im Welpenauslauf hinter seinem
Lieblings-Blumenpott vorholen wollte und ich habe nicht entsprechend reagiert. Schon in diesem zarten Alter durfte man den gnädigen Herren nicht beim Schlafen und Fressen stören. Die anderen Geschwister
dagegen waren eher unauffällig, aber davon später - erstmal war der Charlie nur süß !
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Doch wie kam dieses Hundekind auf seinen Namen ?
Eef hatte am 28.5. Geburtstag und wir saßen gemütlich und redeten bei einem guten Cognac. Es war der C-Wurf und Eef hatte ihn Casanova getauft, ich aber
wollte einen Willi - wie das nun kombinieren auf dem Papier? Captain Willi, Charming Willi...?? Zu fortgeschrittener Stunde fragte jemand der Gäste, wie das denn in Berlin bei uns mit dem Besuch des
Ostens wäre und es fiel der Name des berühmten Grenzüberganges für Ausländer - der Checkpoint Charlie in der Friedrichstraße. Und das war es dann für Eef, er ließ sich nicht mehr umstimmen. Casanova
hieß jetzt Vigilat’s Checkpoint Charlie - ein ausländischer Hund, der nach Berlin ging, passender konnte ein Name nicht sein. So wurde auch für mich aus dem Willi der Charlie.
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Endlich hatte ich meinen Charlie zuhause! Und wie konnte man so ein kleines Hundekind am besten mit in den Grunewald nehmen als in einem Fahrradanhänger.
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Nach anfänglichen 3 Wochen
der Nahrungsverweigerung und Nichtbeachtung fing nun endlich auch der Bruno an, den kleinen Charlie in sein Herz zu schließen und als zum Rudel gehörig zu akzeptieren. Er schlief bei ihm in der Nacht, er schlief bei ihm am Tage, er tobte mit ihm durch’s Büro, durch die Wohnung, durch den Wald. Es war einfach nur schön mit den Beiden und ich wußte, daß ich meinem Bruno mit Charlie einen riesengroßen Gefallen getan hatte, er hatte jetzt eine verantwortungsvolle Aufgabe.
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Und der kleine Charlie wuchs heran und mit ihm mein Stolz auf ihn und bald hatte mich das Ausstellungsfieber gepackt. Ich habe viel gelernt von Eef, war oft
sehr ungeduldig, weil ich das Handling nicht schnell genug beherschte, aber Eef war immer die Ruhe selbst, hat mir immer wieder gesagt: “Du mußt erstmal einen Hund selbst zum Champion gebracht haben,
dann weißt Du beim Nächsten wie es geht”
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...und er sollte Recht behalten.
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Doch Charlie’s Leben verlief leider nicht so rosig, wie ich es mir vorgestellt habe. Noch nicht mal ein Jahr alt stolperte er im Rennen in ein großes Erdloch
und hatte von da an einen Chip im Gelenk, der ihm sein Leben lang immer wieder Probleme bereitete. Dann gerade erwachsen deckte er in Berlin zwei Hündinnen, die beide leerblieben. Als sich kurze Zeit
später eine dritte Hündin anmeldete, fuhr ich vorsichtshalber mit schon ungutem Gefühl im Bauch nach Hannover in die TiHo zu Frau Prof. Dr. Günzel-Apel.
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Mein ungutes Gefühl hatte mich nicht getäuscht - Charlie hatte verkümmerte Nebenhoden und war unfruchtbar, da kam nur blaues Wasser und Kieselsteine wie der
Berliner zu sagen pflegt, aber nicht ein einziges lebendes Spermium. Für mich brach damals eine Welt zusammen. Aber es sollte nicht langweilig werden! Mit knapp 2 Jahren verschlang er eine Socke, an
deren Folgen er fast wegen Darmverschlusses verstarb, die Tierklinik Düppel hat ihn gerettet.
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Irgendwann fiel mir dann auch noch auf, daß er immer nach den turbulenten Grunewald-Runden abends schlecht aufstehen konnte. Als es dann so schlimm war, daß
er oft vor Schmerzen jammerte und ihm kein Berliner Tierarzt mehr helfen konnte fuhr ich mal wieder zu Dr. Koch nach Oerzen und siehe da: Er hatte auch noch Rheuma mittleren Grades und bekam Prednisolon
(Kortison) bis an sein Lebensende. Im Nachhinein bin ich als Züchter heute froh, daß Charlie keine Kinder zeugen konnte. Auch von einigen seiner Geschwister hörte ich gesundheitlich nichts Gutes.
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Seine Karriere war erfolgreicher als sein sonstiges Leben und ich setzte mich damals auch dagegen zur Wehr, ihn zuhause einzubuddeln, was einige gerne gesehen
hätten und am Ring oft auf ihn gehetzt haben, weil ich seine Unfruchtbarkeit nicht verschwiegen habe.
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Ich habe Charlie 66mal von 1987 bis 1993 in ganz Europa ausgestellt, davon war er 54mal plaziert und 6mal Rassebester. Von der Jugendklasse bis zur
Championklasse bekam er 27mal das V 1 mit diversen CAC’s und CACIB’s, 16mal V 2 mit div. Reserve-Anwartschaften, 8mal V 3, 3mal V 4. Er bekam unplaziert 7mal ein “Vorzüglich” und 5mal ein “Sehr Gut”.
Er wurde Deutscher Jugendchampion, 1988 Hauptzuchtschau-Jugendsieger, Westfalenjugendsieger 1988, Vize- Bundesjugendsieger 1988. Er wurde Deutscher Champion OESCD, VDH-Champion,
Poznan-Sieger, Pelajilo-Trophy-Winner 1990, Sieger Rochlitz 1990, Bad Doberan-Sieger 1990, Weser-Ems- Trophy-Winner 1990 + 1991. Nun wußte ich, wie man einen Bobtail zum
Champion macht.
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Charlie’s Ende war alles andere als schön und völlig anders, als ich es je gedacht hätte, es knüpft hier oben an die Beissereien schon im Welpenstadium
an. Da ich als blutiger Laie sehr verliebt in dieses Hundekind war und den großen Fehler gemacht habe, sein ständiges “stör-mich-jetzt-nicht” Knurren mit seinen Schnappereien geduldet habe, indem ich auf IHN hörte, das hat sich für unser gesamtes Zusammenleben fürchterlich gerächt, schließlich kannte ich so ein Verhalten von meinem Bruno überhaupt nicht! Bis zu einem Jahr hatte ich ständig blutige Auseinandersetzungen mit Charlie, die mich mehrfach zum Arzt brachten. Nach massiven Erziehungsmaßnahmen grenzte sich die Sache auf einen Beißerfolg seinerseits pro Jahr ein. Und der Witz: Es war immer nur ich, die er angriff, niemals einen anderen Menschen, niemals einen anderen Hund. Im Alter eskalierte die Sache wieder dermaßen oft, daß ich sogar im Krankenhaus genäht werden mußte. Im April 1997 - kurz vor seinem 10. Geburtstag - griff er mich draußen auf unserem Grundstück wieder an, weil ich ihm eine geklaute leere Dose Pal aus der Mülltonne der Nachbarn wegnehmen wollte, damit er sich nicht die Zunge aufschlitzt - welch ein Hohn! Er biß mir durch eine dicke Daunenjacke knapp an der Schlagader vorbei dermaßen in den Arm, daß mich meine Nachbarn sofort abgebunden in’s Krankenhaus brachten. Nachmittags telefonierte ich schon mit meinem Tierarzt, der unser Problem schon jahrelang kannte. Am gleichen Abend noch habe ich Charlie begraben. Und für den, der meine Entscheidung nicht nachvollziehen kann: Ich lebe alleine und habe mir nur vorgestellt, es wäre im geschlossenen Haus passiert (wie schon zuvor sehr oft), ich wäre umgefallen und vielleicht verblutet. Charlie war für mich zu einem absolut unkalkulierbaren Risiko geworden.
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Nie wieder habe ich danach ein solches Verhalten bei einem meiner Bobtails erleben müssen.
Und trotzdem - ich habe den Charlie geliebt - unendlich geliebt! *tiefseufz* Und wir werden uns auf der Rainbow-Bridge wiedersehen...
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